In der 3. Januarwoche schlug die Nachricht, dass US-Behörden den Filesharing-Dienst Megaupload geschlossen haben, in der Netzwelt ein wie eine Bombe. Galten Megaupload und Megavideo doch als Schwergewichte einer Branche, die pro Tag mehrere Dutzend Millionen Nutzer hatte. Das Problem: Diverse User nutzten die Möglichkeiten des Filesharings nicht, um legal Daten zu tauschen, deren Urheberrecht bei ihnen lag, es ging schlicht und ergreifend um neueste Kinofilme, Software oder Musik.
Von diesem Standpunkt aus betrachtet war es in Expertenkreisen sicher nur eine Frage der Zeit, bis Urheberrechtsverbände und Behörden einen der Filesharing-Dienste ins Visier nehmen, um die gesamte Branche unter Druck zu setzen. Insofern scheint die Aktion gegen Megaupload scheinbar auch ein Erfolg gewesen zu sein. Wie aus Medienberichten hervorgeht, haben unter anderem Fileserve und Filesonic den Download durch Dritte eingeschränkt.
Erschütterung einer ganzen Branche
Megaupload bzw. dessen Schließung hat eine ganze Branche erschüttert. Denn die Einschränkungen von Fileserve und Filesonic sind längst nicht die einzigen Folgen. Uploaded schließt als Reaktion auf die Schritte der US-Behörden die Nutzer aus den USA aus und hat eine Sperre für die entsprechenden IP-Adressen integriert. Angesichts der Schockwellen, welche bei den Filehostern zu spüren sind, steht die Frage im Raum, ob sich die Befürchtung bewahrheitet, dass die Konkurrenten von Megaupload die Lücke schließen.
Bisher lassen nur wenige der Unternehmen erkennen, dass sie sich von den Ereignissen der letzten Tage nicht beeindrucken lassen. Eine Tatsache, die allerdings auch zu zeigen scheint, welche Sicht die Betreiber des Filehostings auf die eigenen Angebote zu haben scheinen. Als neutraler Beobachter könnte man sogar versucht sein, der Branche ein „schlechtes“ Gewissen zu unterstellen.
Filehosting, Filesharing und Linksammlungen
Was hat aber überhaupt zur Schließung von Megaupload geführt und welche Anschuldigungen erheben Behörden/Rechteinhaber? Wer die Problematik verstehen will, muss hinter die Kulissen schauen und sich auch mit der Funktionsweise der einzelnen Dienste beschäftigen. Megaupload und Co werden den sogenannten Sharehostern, One-Click-Hostern oder Filehostern zugeordnet.
Dabei handelt es sich um Anbieter, welche online den Nutzern einen zusätzlichen Speicherplatz anbieten, auf den unter anderem Fotosammlungen, Projektinhalte usw. ausgelagert werden können. Auf den 1. Blick wirkt dieses Angebot unverfänglich und lässt sich mit einer Downloadfunktion verknüpfen. Hierdurch werden die hochgeladenen Daten anderen Nutzern zur Verfügung gestellt – in Form eines Links o. Ä.
Genau an dieser Stelle beginnt das Kernproblem: Nutzer können mithilfe der Dienstanbieter urheberrechtlich geschützte Daten hochladen und diese so Dritten zur Verfügung stellen. Es kommt – je nach „Publikumsverkehr“ – also zu Verletzungen des Urheberrechts in erheblichem Umfang. Was den Fall Megaupload so brisant macht, ist nicht allein das Anbieten von Speicherplatz und die Möglichkeit zum Download.
Vielmehr werfen Rechteinhaber und Behörden den Sharehostern vor, die Nachfrage zu steuern. Hintergrund: Nach der Anmeldung können Nutzer zwar den Dienst im Regelfall kostenlos nutzen. Erst durch die Zahlung einer „Grundgebühr“ werden die Sharehoster aber uneingeschränkt nutzbar. Dazu gehört nicht nur eine höhere Bandbreite, auch die Zahl der Downloads usw. wächst durch die Zahlung. Aufgrund dieses Zusammenhangs haben Anbieter solcher Dienste ein berechtigtes Interesse daran, möglichst hohe Besucherzahlen zu generieren, welche den Dienst in vollem Umfang nutzen.
Und wie in der Realwirtschaft steuern sich Angebot und Nachfrage gegenseitig. Wer ein begehrtes Produkt anbietet, kann sich über eine hohe Nachfrage bzw. den entsprechenden Umsatz freuen. Daher werfen Medienberichten zufolge die US-Behörden Megaupload vor, das Angebot im eigenen Interesse gesteuert zu haben, um von den zahlenden Nutzern zu profitieren. Darüber hinaus kennen viele Sharehoster ein Bonussystem, welches den Uploader belohnt – etwa in Form von mehr Bandbreite, Geld o. Ä. Das immer wieder angeführte Argument, für die Daten sind allein Nutzer verantwortlich, sehen Juristen daher skeptisch – speziell, wenn sie auf der Seite der Rechteinhaber stehen.
Sperren ja, löschen – nein!
Kann man die Betreiber eines Filehosting-Dienstes tatsächlich für die Daten verantwortlich machen, welche auf den eigenen Servern liegen? Der gesunder Menschenverstand wird hier sicher zuerst zu einem „Nein“ greifen. Allerdings legt die vom Webportal golem.de gesichtete Anklageschrift Details offen, welche ein eindeutiges Bild auf den Filehoster Megaupload werfen. Demnach sollen die Daten so angelegt gewesen sein, dass für eine Datei unterschiedliche URL´s (Uniform Resource Locator) angelegt worden.
Pochte ein Rechteinhaber auf die Sperrung der betreffenden URL, existierte die Datei weiter – nur unter einer anderen Adresse im Netz. Filehoster, die nach einem solchen Prinzip arbeiten, so der Vorwurf, wissen, dass sich auf ihren Diensten urheberrechtsverletzende Daten befinden und profitieren davon. Darüber hinaus sollen die Betreiber der Plattform laut Anklageschrift sehr wohl gewusst haben, dass illegale Daten unter den Inhalten auf den Servern lagern.
Filehosting für ein Millionenpublikum
Megaupload war in den letzten Jahren einer der Branchengrößen und hat zur Beliebtheit der Filehoster wesentlich beigetragen. Dass sich rund 180 Millionen Nutzer allein bei Megaupload registriert haben sollen, spricht für diese Beliebtheit. Und das sich das Prinzip Sharehosting für die Betreiber gelohnt hat, steht außer Frage – zumindest wenn man die Zahlen der Anklageschrift zugrunde legt. Der Umsatz wird auf 175 Millionen US-Dollar, der Schaden sogar auf mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar geschätzt.
Sharehoster: Gefahr für den Nutzer
Die Schließung von Megavideo und die Sperrung von kino.to aus dem Jahr 2011 haben nicht nur die Sharehoster in den Mittelpunkt gerückt. Viele Nutzer dieser Dienste stellen sich die Frage, inwiefern sie mit Folgen wie einer Strafverfolgung rechnen müssen. Das Herunterladen eines urheberrechtlich geschützten Werkes ohne Genehmigung des Rechteinhabers ist in den Augen vieler Juristen – also nach der allgemeinen Auffassung – eine unerlaubte Vervielfältigung. Daher könnte es im schlimmsten Fall für den Nutzer/Downloader zu zivilrechtlichen Folgen kommen.
Deutlich schwammiger sind die Regeln allerdings, wenn es um das sogenannte Streaming geht. Für den Laien ist dieses mit dem Fernsehen vergleichbar. Allerdings werden beim Streaming die Inhalte teilweise auf dem abrufenden Rechner abgelegt, was in der Auffassung einiger Juristen (siehe dazu das Verfahren gegen einen Beschuldigten im Fall kino.to) bereits als Vervielfältigung angesehen wird.
Inwiefern sich allerdings Gerichte letztendlich dieser Haltung anschließen, bleibt abzuwarten. Über eine nicht ganz eindeutige Rechtsgrundlage hinaus kommt hinzu, dass Nutzer weitgehend nur über die IP ermittelt werden können und hier die Verfolgung an technische Grenzen stoßen könnte. Es bleibt abzuwarten, welche Daten über die Nutzer und deren Verhalten bei den Sharehostern gespeichert werden.
Pech haben bei einer Schließung der Filehoster übrigens genau die User, welche den Dienst im rechtskonformen Rahmen genutzt haben. Deren Daten sind vorerst ihrem Zugriff entzogen, was die Frage aufwirft, welche Ansprüche Betroffene gegenüber den strafverfolgenden Behörden geltend machen können.
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