Die private Krankenversicherung galt über Jahre als verlässliche Größe im Gesundheitswesen. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die PKV vor allem ein besseres Leistungsportfolio bieten konnte als die gesetzliche Krankenversicherung haben sich viele Besserverdienende für diese Versicherungsoption entschieden. Allerdings sind in letzter Zeit die Probleme der PKV immens gewachsen. Hohe Beitragsanpassungen, Berichte über verstärkte Wechsel von der privaten Krankenversicherung zurück in die GKV und ein angekratztes Image aufgrund der Billigtarife scheinen das duale System im Bereich der Krankenversicherung in Frage zu stellen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass einige der Versicherer nicht mehr alle Leistungen erstatten. Viele Privatversicherte sind daher verunsichert, was die Zukunft ihrer Krankenversicherung betrifft, und stellen sich zu Recht die Frage, wie sich das Gesundheitswesen weiterentwickeln wird?

Demografie und medizinische Inflation

Die Zeiten, in denen man die private Krankenversicherung als besseres Modell der Krankenversicherung einstufen konnte, scheinen vorbei zu sein. Wo liegen aber die Gründe dafür? Vor allem die Kosten machen den Versicherern Probleme. Hinzu kommt eine Politik, welche der PKV das Leben in regelmäßigen Abständen schwerer macht. Was bedeutet dies im Detail?

Bezüglich der Kosten muss die private Krankenversicherung sich ähnlichen Herausforderungen stellen wie die GKV – sprich: Einer sich veränderten Demografie und den damit verbundenen Kostenfaktoren. Fakt ist, dass die Bevölkerung in Deutschland zunehmend älter wird und vergreist. Erfahrungsgemäß nimmt mit dem Alter aber auch die Krankheitshäufigkeit und deren Schwere zu. Demenz, Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes – alles Krankheiten, die in älteren Bevölkerungsschichten häufiger auftreten.

Aufgrund dieser Tatsache steigen die Ausgaben, welche für die Behandlung der Versicherten anfallen – auch in der PKV. Darüber hinaus spielt in diesem Zusammenhang ein weiterer Punkt eine wesentliche Rolle – die allgemeine Kostensteigerung im Gesundheitswesen. Oft als „medizinische“ Inflation bezeichnet, führt sie dazu, dass zum Beispiel durch neue Techniken und Behandlungsmethoden die Ausgaben der Versicherer steigen. Unterm Strich erhöhen sich die Kosten – sowohl in gesetzlicher als auch privater Krankenversicherung.

Folgen steigender Kosten in der PKV

Welche Auswirkungen die steigenden Ausgaben in der privaten Krankenversicherung haben, war zum Jahreswechsel 2011/2012 zu sehen, als einige Versicherer die Beiträge anpassen mussten. Eigentlich keine ungewöhnliche Entwicklung. Da die PKV nach dem Kapitaldeckungsverfahren arbeitet, müssen wachsende Ausgaben durch externe Faktoren, welche die Versicherer nicht beeinflussen können, in Form von steigenden Prämien ausgeglichen werden, um eine langfristige Kapitaldeckung zu erreichen.

Allerdings sind die Beitragsanpassungen 2011/2012 teilweise in einem Maß ausgefallen, das den üblichen Rahmen gesprengt hat. Berichtet wurde von Anhebungen in Größenordnungen von mehr als 40 Prozent. Eine Tatsache, die viele Verbraucherexperten zu heftiger Kritik an der privaten Krankenversicherung angeregt hat.

Was ist für diesen Beitragssprung verantwortlich? Auf der einen Seite ist es der angesprochene Zusammenhang aus steigenden Ausgaben und deren Ausgleich. Auf der anderen Seite sehen Experten die Ursache aber auch woanders. In den letzten Jahren haben sich in der privaten Krankenversicherung preisgünstige Einsteigertarife etabliert. Diese „Billigtarife“ bieten niedrige Prämien, dafür oft aber auch nur eingeschränkte Leistungen und u. U. hohe Selbstbehalte. Viele Neukunden der PKV haben diese Chance auf eine Basisversorgung ergriffen, um sich zu günstig versichern. Seitens der Versicherer stand hinter diesen Billigtarifen aber ein gewisses Kalkül: Sie haben auf den Wechsel der Privatpatienten in höherwertige Tarife gesetzt.

Ein Anspruch, der sich nicht erfüllt hat, viele Verbraucher sind in den Billigtarifen verblieben. Was die Situation zusätzlich erschwert ist die Tatsache, dass ein Teil der neuen Versicherten Beiträge unregelmäßig bis gar nicht zahlt. Da die private Krankenversicherung seit Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht nicht mehr kündigen kann, sondern als Sanktion Leistungen auf das Minimum zusammen streicht (Schmerz- und Akutbehandlungen und damit ein Grundschutz müssen gewährleistet bleiben), lasten diese Nichtzahler auf dem gesamten System.

Unterm Strich entsteht ein komplexes Szenario, welches für die Beitragsanpassungen und den Imagewandel der privaten Krankenversicherung verantwortlich ist.

PKV: Reformen dringend erforderlich

Hinzu kommt die Tatsache, dass das duale System in der Politik deutlich an Zustimmung verliert. SPD und Grüne fordern die Bürgerversicherung. Inzwischen mehren sich auch in der Union Stimmen, die ähnliche Ansichten vertreten. Für die PKV sind die Schwierigkeiten in der Vergangenheit deutlich gewachsen. Eine Tatsache, der sich die Branche wird in den kommenden Jahren stellen müssen. Viele Experten machen sich aus diesem Grund dafür stark, dass es endlich zu grundlegenden und allgemeinen Reformen kommt.

Es ist dabei auch die Branche selbst gefordert, die einfach umdenken muss. Gerade die günstigen Einstiegstarife sind in einigen Versicherungen zu einem so ernsthaften Problem geworden, dass sich die Unternehmensführung von diesem Tarifmodell bereits wieder verabschiedet hat. Trotz dieser Tatsache halten einige Versicherer aber daran fest.

Gleichzeitig ist auch die Politik gefordert, welche die Weichen für ein nachhaltiges Krankenversicherungswesen stellen muss. Dazu gehört etwa, dass die PKV wesentlich bessere Möglichkeiten erhält, um Kosten nachhaltig zu senken. Während die gesetzliche Krankenversicherung im Vergleich – aufgrund der gesetzlichen Rückendeckung – mit Leistungserbringern einen deutlich offensiveren Umgang in Bezug auf die Kosten pflegen kann, sind der PKV hier des Öfteren die Hände gebunden. In der Tatsache, dass die Politik die gesetzliche Krankenversicherung quasi alimentiert, sehen einige Experten Kalkül – es geht um die schrittweise Abschaffung des dualen Systems.

Wann kommt die Bürgerversicherung

Dass ein duales System nach dem deutschen Muster nur schwer in seiner aktuellen Form aufrecht zu erhalten ist, sehen viele Experten als Fakt. Es muss also darum gehen, sich für den richtigen Weg zu entscheiden. Legt man die aktuelle politische Stimmung zugrunde, ist die Einführung einer Bürgerversicherung wahrscheinliches Szenario. Wann diese Zusammenlegung von PKV und GKV allerdings erfolgt, bleibt offen. Denn derzeit regiert in Berlin Schwarz-Gelb. Kommt es aber zum Richtungswechsel, dürfte in den Augen mancher Branchenkenner die private Krankenversicherung angezählt sein.

Allerdings ist auch in diesem Fall nicht so schnell mit einem grundlegenden Wandel zu rechnen. Versicherungs- und Gesundheitsexperten halten der Bürgerversicherung entgegen, dass sie einen Eingriff in grundlegende verfassungsmäßige Rechte darstellt – wie der Berufsfreiheit. Und solange eine einheitliche Krankenversicherung vor dieser Hürde steht, ist deren Einführung nur schwer vorstellbar, weshalb die Bürgerversicherung Prognosen zufolge nicht vor 2015 Realität werden wird. Letzten Endes wird die private Krankenversicherung auch weiterhin ein Bestandteil im Gesundheitswesen bleiben. Fakt ist allerdings, dass die Herausforderungen immens sind – und neue, wie die Unisex-Tarife zum 21. Dezember 2012, Probleme hinzukommen werden. Schon allein aus diesem Grund wird sich – wenn sie schon nicht komplett vor dem Aus steht – die private Krankenversicherung ändern müssen, um auch langfristig eine Option für die Bürger bleiben zu können.

Denn je mehr Risse das Image der PKV bekommt, umso schwerer werden sich versicherungsfreie Verbraucher mit der Entscheidung für den Wechsel der Krankenversicherung tun.

Von Redaktion

Ein Gedanke zu „Krankenversicherung: Steht die PKV vor dem Aus?“
  1. in der Tat ist die PKV sehr umstritten. Man kann als junger Versicherter sicher sehr viel Geld sparen, doch steigen halt die Beiträge im Alter unter umständen sehr stark an. Hier ist also bei der Auswahl der Police nicht nur auf einen günstigen Tarif zu achten, sondern vor allen Dingen auch auf die Beitragsstabilität der Gesellschaft!

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